Herzlich Willkommen in der Dreamfactory Vienna!

Herzlich Willkommen!

Märchen-Garten

Seit der kleine Randy die Traumhexe aus ihrem langen Schlummer geweckt hat, blühen in ihrem Garten wieder neue Geschichten und Gedichte. Durch die Luft tanzt der bunte Atem zahllos vieler Blumen und trägt ihre Träume und Geheimnisse in alle Welt. Für jede Laune, Stimmung oder Kummer gibt es hier das richtige Pflänzchen! Nehmt Euch ein bisschen Zeit, verweilt mit uns im Garten und schnuppert Euch um! In jeder Blüte versteckt sich eine andere Geschichte und ihr könnt eine kleine Duftprobe mit Euch nach Hause nehmen.

Kicher-Lorbeer  oder  Der lustige Burgherr 

Einst stand eine verzauberte Burg, ringsum umgeben von tiefen Gräben mit hohen Wassern, auf einer kleinen Insel. Doch es war keine gewöhnliche Insel, denn die Insel bestand allein aus Wolken. Deshalb war es unmöglich, in die Burg einzudringen, da kein lebender Mensch auf der Wolkeninsel zu wandeln vermochte.

Es war aber auch keine gewöhnliche Burg, denn aus den Zinnen blickten strenge Augen wachsam auf jeden Herannahenden, und die Fenster trugen anstatt Läden winzig kleine Flügel. So blieben sie nie lange an derselben Stelle und flatterten ständig von einem Ort zum anderen. Aus diesem Grund hätte selbst ein Zauberer, der auf Wolken zu gehen vermochte, nicht in die Burg gelangen können. 

Im Inneren der steinernen Mauern regierte der Herr der Glückseligkeit, doch nie erlaubte er jemandem, seine Heimstätte zu betreten. Nur an seltenen Tagen ließ er die lange Zugbrücke hinunter, die den großen Graben vom Ufer zur Wolkeninsel überspannte. Dann stand er den ganzen Tag vor der Burg und wartete ab, wer es wohl wagen würde ihn aufzusuchen. Und davon gab es so einige!

Viele suchten ihn auf, um ihm sein Geheimnis zu entlocken und das wahre Wesen der Glückseligkeit zu erfahren, doch bisher war es keinem gelungen. So sehr sie auch versuchten, den lustigen Burgherrn mit Witzen und Schabernack zu verleiten, blieben alle ihre Versuche ohne Erfolg. 

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                                                     Die alte Frau und das Meer                                                                                                                                                                                                                    

Es geschah vor langer Zeit, als in einem guten und schönen Hause in einer prächtigen Stadt auf einer reichen, fruchtbaren Insel ein liebes Mädchen mit seinen Eltern lebte. Das Leben war gütig, bis ein drohendes Unheil dem Dasein der beglückten Familie eine schnelle Wende bereitete. Ein nahender Vulkanausbruch zwang die Menschen der Stadt, aus ihrer lang geliebten Heimat mit Schiffen hinaus auf das Meer zu fliehen. Doch die Winde der See meinten es nicht gut mit den Flüchtenden. Bald schon kam ein heftiger Sturm auf und in nur wenigen Momenten zerbrach eines der Schiffe und versank tief im Wasser. Niemand überlebte, nur das Mädchen wurde von den tobenden Wellen erfasst und an eine weit entfernt gelegene Küste gespült.

In diesem Teil der Erde war das Land karg und eine rote Sonne stand immerzu tief über dem Horizont. Der Wind wehte stets frisch und hatte mit der Zeit jedes warme Lächeln aus dem Gesicht der Menschen geraubt. Keiner hatte eine freundliche Hand oder ein wärmendes Essen für das Mädchen übrig, denn das Leben aller in dem kleinen Fischerdorf war von großer Pein und Mühsal geprägt. Die See gab ihnen so wenig Nahrung, dass noch keine der armen Seelen je einen vollen Magen gekannt hätte. Genauso wenig kannten sie das Gold der Mittagssonne oder saftig reifem Maises auf dem Feld. Nicht einmal Vögel hatten je mit ihnen auf dem rauen Land gelebt, so hatte noch nie einer die Zeit zu singen oder zu tanzen, zu dichten oder zu schreiben gefunden. Die harten Winde hatten den Menschen alle gemeinsame Freude gestohlen. Schroffe Felsen umgaben die Küste, an der das junge Mädchen jeden Tag  nach Muscheln suchte. In einem kleinen Unterschlupf am Rande des Dorfes hatte sie ein winziges Zuhause gefunden.

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Der verfluchte Leuchtturm

Es gab einmal eine Zeit, in der die Meere gefährlich hoch standen und die See tobte, als wäre sie eine einzige wilde Bestie. Ein unheiliger und finsterer Fluch hatte sich der sieben Weltmeere bemächtigt. Unter schwarzer Flagge war ein furchtbarer Pirat, unheimlicher als es sich die Welt je erträumt hatte, über die Lande gekommen und hatte der See ihr letztes Licht geraubt. Von allen Wellen zurückgewiesen waren er und seine Mannschaft dazu verdammt, für immer die Ozeane zu bereisen, jedoch niemals wieder an einer Küste anzulegen. In ihrem wankenden Heim hatten er und seine Männer ihre Namen verloren, aber die Ewigkeit gefunden. Alles hatten sie schon gesehen, jedes dunkle Geheimnis der Tiefe gelüftet und nichts konnte die bitteren Mannen noch erzittern lassen, als eines Tages doch etwas Ungewöhnliches geschah. 

Es war ein Tag, an dem die See seltsam ruhig war und die Wellen beinahe sanft gegen den Schiffsbug brachen. Der Himmel war düster, aber die Sonne hatte ein schwaches Glimmen in die Regenwolken gewoben und ein wundersames Leuchten lag auf den Meeren. An diesem Tag geschah es, dass, als die Sonne gerade am höchsten stand, eine weiße Gestalt über dem Wasser erschien. Sie schien über dem Meer zu schweben, als sie die Aufmerksamkeit der Piraten erregte. Nie hatten sie etwas Vergleichbares gesehen und voll erkalteter Hoffnung hielten sie auf das schimmernde Wesen zu. Als sie sich ihm näherten, erkannten sie es als eine Frau,  durchscheinend wie Glas, so dass man hinter ihr die Wellen noch schemenhaft erahnen konnte. In den Händen hielt sie ein kleines Bündel.

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Der Dreh am Rande

Weit entfernt, am äußersten Rande der Galaxis, wo das Universum auf die Finsternis trifft und ein winziges Stück in die Ewigkeit hinüber reicht, gibt es einen kleinen, wolkigen Planeten. Die steinerne Welt ist die letzte und älteste ihrer Art, und doch zur gleichen Zeit ist es ebenso die Jüngste aller gezählten Welteninseln. Auf die feuchte Oberfläche fiel noch nie ein einziger Lichtstrahl, der sich erfolgreich durch die gigantische Wolkendecke hätte zwängen können, und doch leben an diesem dunklen Ort seit jeher die ersten Menschen. 

Auf ihrer blassen Erde scheint die Zeit still zu stehen, denn ohne die Wärme des nahen Sternenlichts ist jede Schwingung nahezu vollends verebbt. Starr und unerbittlich steht der wolkige Planet im Raum und reist mit seinem Stern in die Weite. Noch nie hat sich die einsame Heimstätte im Tanz mit den anderen Gestirnen zum Rhythmus des Alls gedreht. So war auf dieser trostlosen Welt schon immer die eine Seite zu jeder Zeit taghell gewesen, während die andere stets finster wie die dunkelste Nacht blieb. Tief unter dem Schleier der nebeligen Wolken teilt ein gewaltiger Ozean die Lande, die aus dem dunkelgrauen, zähflüssigen Wasser wie zwei endlose Moorlandschaften empor ragen. Die Feuchte des immer währenden Regens hat allerorts Morast und kleine Auen wuchern lassen, die wie Geschwüre den ganzen Planeten mit ihrer Fäulnis überzogen hatten. Unter den Himmeln gedeiht kein Gewächs je zu voller Blüte und die Menschen haben eine ganz eigene Weise gefunden, in ihrer gefährlichen Welt zu überleben.

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Schatten-Feuer

Die Sonne stand hoch über dem Platz und der Boden war so heiß wie ein Pizzaofen. Der helle Stein leuchtete in dem weißen Licht wie Schnee und Randy wünschte sich nichts mehr, als dass er sich wirklich in kalten Schnee verwandeln würde. Doch seinen Eltern schien die Mittagshitze nichts weiter auszumachen. Wie jung Verliebte schlenderten sie durch das Getümmel am Markus Platz und redeten über irgendetwas, worüber Erwachsene eben miteinander sprechen. Um sie herum flatterten Tauben, und Kinder liefen lachend, mit Futter in den Händen, hinter den Vögeln her. Randy überlegte, dass es sich wohl um Hunderte handeln musste, wenn es nicht sogar an die Eintausend Tauben waren. Der ganze Platz schien voll von ihnen und er verstand nicht, was den Menschen daran solche Freude bereitete. Also schlurfte er langsam hinter seinen Eltern her und hielt den Kopf vor der Hitze gesenkt. Schweiß rann ihm von der Stirn und in seine Augen und löste sich in winzig kleinen Tropfen von Randy`s Nase. Der Kopf begann  ihm schwer zu werden und auf ein mal konnte er die Menschen und den Platz nur noch ganz verschwommen sehen. 

Gerade wollte er nach seinen Eltern rufen, da bemerkte Randy, wie er die Füße kaum noch vom Boden heben konnte. Schwer wie Blei schienen seine Beine zu sein und plötzlich war jeder Schritt eine mühsame Qual geworden. Kurz musste er an das Gefühl denken, wie man es in einem Traum hat, wenn man im Sumpf stecken geblieben ist und sich nicht mehr bewegen kann. Randy schien förmlich am Boden festzukleben und drehte sich um. Hinter sich entdeckte  er eine Spur aus schwarzen Abdrücken und erschrak beinahe zu Tode. Da stand im hellen Sonnenlicht sein eigener Schatten und starrte ihn an. Als ob er sich von Randy`s Körper gelöst hätte sah er ihn ein ganzes Stück hinter sich auf dem hellen Platz. Sein Schatten haftete nicht länger an seinen Füßen, sondern stand statt dessen einen ganzen Schritt hinter ihm im Sonnenlicht. Fast schien es, als hätte er sich von Randy gelöst um seine eigene Spur aus schwarz-klebrigen Fussabdrücken zu hinterlassen, als es ihn mit einem Mal zu schwindeln begann. Für einen Moment schwankte Randy in dem heißen Licht hin und her als er das Gleichgewicht verlor und stürzte. Er fiel geradewegs in seinen eigenen Schatten und eh er es sich versah war er durch ihn hindurch gefallen und landete unsanft auf dem harten Boden. 

Wenige Meter weiter blieben seine Eltern stehen, doch als sie sich nach Randy umwandten, war er verschwunden. An der Stelle, an der er eben noch gestanden hatte, befand sich nichts weiter, als eine stinkende, schwarze Pfütze. 

   

Frische, nasse Luft drang in Randy`s Lunge und er atmete tief ein bevor er seine Augen wieder öffnete. Um ihn herum war es dunkel und er konnte weiches Moss unter seiner Hand spüren. Ein schwaches blaues Licht leuchtete vom Himmel und vorsichtig begann er sich aufzusetzen. Ein feuchter Ast schlug ihm dabei ins Gesicht und ein Dorn kratzte scharf über seine Wange. Nachdem er sich aufgerichtet hatte konnte er durch ein Gewirr von Bäumen und Ästen hindurch hoch über sich einen blassen Mond erkennen.

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Der Berg der Träume

“Was siehst du, Monika?”
“Ich weiß nicht, kannst Du sie nicht weiter aufmachen?” hallte es zurück. Ihre Stimme hatte ein leises Echo und klang ein wenig zaghaft. „Die Türe ist so schwer, aber warte mal.“ Thomas stemmte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die alte Holztür. Für einen 14-jährigen war er nicht schmächtig gebaut, aber es erforderte all seine Kraft. Endlich ruckte sie ein wenig hin und her, und langsam setzte sich die schwere Tür in Bewegung. Mit letzter Kraft gab Thomas ihr noch einen Stoß, und mit einem lauten Quietschen schwangen die alten Scharniere endgültig ins Lot. Jetzt fiel Thomas erst auf, wie robust und mächtig diese doch waren. Gar nicht so wie bei einer normalen Tür, eher wirkten sie, als wären sie für die Ewigkeit gemacht worden. Sie waren aus aus dickem Stahl gefertigt und verblüffender Weise schienen sie kein bisschen verrostet zu sein. Die Türe selbst sah so aus, als wäre sie uralt - „vielleicht sogar über 100 Jahre,“ dachte Thomas, aber das Holz war massiv und robust und zeigte kaum Spuren von Verwitterung. Wer könnte dieses Tor nur gebaut haben und warum? Und wohin führte es?
„Und, was siehst du?“ rief er erneut und diesmal erschreckte er sich, als ihn das Echo seiner eigenen Stimme unerwartet laut traf. Monika hörte ihn leise aufschreien, so laut war das Echo, und erwiderte „Pssst!“. Dabei musste sie sich sehr beherrschen, nicht lautstark loszulachen, ihr großer Bruder hatte fast nie Angst. Thomas blinzelte in den dunklen Gang, der sich hinter dem Tor aufgetan hatte. Plötzlich trat ihm seine Schwester entgegen, wie aus dem Nichts kommend, und nahm ihn an der Hand. „Komm!“ sagte sie. „Wo bist Du jetzt so schnell hergekommen, da drinnen kann man ja überhaupt nichts sehen?“ erwiderte Thomas und sah sie irritiert an. Sie grinste nur und zog an seinem Arm. „Du wirst schon sehen, keine Angst“ sagte sie und zwinkerte ihm dabei zu.
Thomas oder Tom, wie ihn seine Eltern manchmal nannten, war zu verblüfft, um sich zu sträuben, und ließ sich von seiner kleinen Schwester in den dunklen Gang ziehen. Für einen Augenblick war ihm, als würde er einen süßen Geruch wahrnehmen, der ihn ein bisschen an Brause erinnerte – sein Lieblingsgetränk an heißen Sommertagen, wie es auch heute einer war – und dann war ihm für einen Moment, als würde ihm schwindelig werden. Aber der Moment war so kurz, dass er nicht sicher war, ob er sich den Geruch und das Gefühl nur eingebildet hatte, und auf einmal konnte er wieder etwas sehen. 

Es war erstaunlich. Ein langer Gang erstreckte sich vor ihnen, so lang, dass man nicht hätte erkennen können, wo er wohl endete. Jetzt verstand Thomas auch, warum seine Schwester keine Angst mehr gehabt hatte. Ein warmes, auf verwunderliche Weise bekanntes Leuchten drang von den Wänden und der Decke. Zumindest fühlte sich dieser Ort so an, als ob man hier schon einmal gewesen wäre und sich wohl gefühlt hätte. Doch dieser Umstand machte Thomas auch etwas misstrauisch, und er begann den Ursprung des seltsamen Leuchtens näher zu untersuchen. Die Wände schienen aus schwarzen Ziegelsteinen gemacht zu sein. Nur konnten es wohl keine echten Ziegelsteine sein, denn diese waren ja rot. Das wusste er genau, denn sein Vater war Baumeister und hatte ihm erklärt, dass Ziegelsteine beim Brennen rot werden, weil in dem dunkelbraunen Lehm auch Eisen enthalten ist. „Sind alle Ziegelsteine rot?“ hatte er damals gefragt, und sein Vater hatte geantwortet „Ja mein Sohn, Ziegelsteine wurden schon immer aus Lehm gemacht. Deshalb sind Ziegelsteine immer rot.“ 

Nun ja, diese hier waren es jedenfalls nicht. Sie hatten die Form von Ziegelsteinen, aber sie waren schwarz wie die Nacht. Wenn man sich genau vor die Wand stellte, konnte man nicht erkennen, wo das Leuchten herkam, aber wenn man wieder weiter wegging, war da dieses angenehme, ja fast schon süße Licht. Beinahe so, als ob es einen Geschmack hätte oder einen Geruch, aber wie könnte Licht sich denn so anfühlen? Nicht einmal bei der Farbe war er sich ganz sicher. Er konnte sich nicht entscheiden, ob es ihn an das zarte Grün junger Blätter erinnerte oder doch mehr dem warmen Leuchten der Sonnenstrahlen glich, wenn sie spät am Nachmittag in sein Zimmer fluteten. Aber vielleicht war da auch ein Hauch von Blau, wie vom Himmel? Gleichzeitig aber auch musste er an die blassrosa Farbe der Kirschblüten denken, wie sie jeden Frühling von dem alten Baum vor ihrem Haus leuchteten und den Garten für kurze Zeit in ein Meer aus fliegenden Träumen verwandelten, wenn der Wind wehte. 

Als Thomas so versunken dastand und über das eigentümliche Leuchten nachdachte, fiel ihm auf, dass er seine Schwester ganz aus den Augen verloren hatte. Sie stand nicht mehr neben ihm. Offenbar hatte sie sich nicht so sehr von dem Licht faszinieren lassen wie er und war auf Erkundungstour gegangen. Erschrocken sah er sich um. Da bemerkte er, dass er nicht sehr weit in den Gang schauen konnte, obwohl alles von dem hellen Leuchten erfüllt war. Es war wie vorhin, als er seine Schwester nicht hatte sehen können, obwohl sie direkt vor ihm gestanden hatte. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. 

Vorsichtig ging Thomas ein paar Schritte tiefer in den Tunnel als er plötzlich fest stellte, dass der Boden abfiel. Offenbar führte dieser alte Weg irgendwohin in den Untergrund. „Womöglich sogar tief unter die Erde“ - dachte er, und ein Schauer lief ihm über den Rücken. Thomas war zwar zu alt, um an Monster und dergleichen zu glauben, aber was vielleicht doch tief im Erdinneren hauste, das wollte er lieber nicht herausfinden. Nur noch wenige Schritte weiter musste er gehen, da sah er Monika schon – oder besser gesagt hörte er sie noch, bevor er sie sehen konnte. Seltsam, wieso hatte er dieses Mal kein Echo vernommen? Sie schien sich ganz prächtig zu unterhalten. „Mit wem sprichst du denn da?“ wollte er sie gerade fragen, als sich Monika, über das ganze Gesicht strahlend, umdrehte und Thomas auf der Stelle erstarrte. 

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Mach die Augen auf, kleiner Stern!

Kapitel I

Der kleine Stern macht die Augen auf

Es kribbelte und es pochte. Es kitzelte und es juckte, und mit einem Mal war es ganz heiß und es gab einen lauten Knall: „KaWuMM!”. Augenblicklich war die große Hitze verschwunden, und der kleine Stern machte die Augen auf. So heiß, wie es eben noch gewesen war, so hell strahlte es jetzt, und der kleine Stern konnte so weit sehen, wie sein Licht reichte. Wohin seine Strahlen auch fielen, alles, das sie berührten, begann in den schönsten Farben zu leuchten. 

Erst konnte der kleine Stern nicht viel mehr sehen außer Wolken. Sie waren überall: grüne Wolken, rosa Wolken, hellblaue und goldene Wolken. Doch während er sie sich noch genau besah, begannen sie sich langsam von ihm weg zu bewegen. Er sah noch etwas genauer hin, und auf einmal stoben die Wolken um ihn nur so auseinander. 

Als er sich noch verwundert fragte, was da gerade passierte, bemerkte der kleine Stern, dass auch er begonnen hatte sich zu bewegen. Auf einmal flog er auf den Rand der Wolke zu! Erst erschreckte er sich sehr, doch dann sah er, wie es überall um ihn herum aufblitzte. Aus allen Richtungen kamen nun auch andere Sternenkinder herbei geflogen, und der kleine Stern hatte keine Angst mehr. 

Bildquelle: www.chandra.harvard.edu

Zusammen mit seinen Brüdern und Schwestern durchquerte er die große Wolke, in der sie geboren worden waren. Umso mehr Sterne es wurden, umso heller leuchteten sie, und umso dünner und dünner wurde der Schleier der Wolke. Mit einem Mal war der Nebel ganz verschwunden, und vor ihnen tat sich das gesamte Weltall auf. Wohin der kleine Stern auch blickte, überall sah er es blitzen und funkeln. Er sah andere Wolken, aus denen das Leuchten neuer Sternenkinder hervorbrach und sie in bunt schimmernde Wunder verwandelte. Dort in der Ferne sah er ein blaues und da ein rotes Leuchten, und der Himmel schien voll unendlich vieler Lichter zu sein. „Was ist das?“, fragte er den Stern direkt neben ihm. „Das sind andere Sterne“, erwiderte dieser. „Oh“, sagte der kleine Stern ehrfürchtig und konnte sich nicht satt sehen an all den verschiedenen Lichtern. „Weißt du, warum manche blau und manche rot sind?“, fragte er, und sein Nachbar antwortete: „Das kommt daher, dass manche größer sind als andere, und wieder andere sind jünger oder älter“. Der kleine Stern hörte fasziniert zu, und während sie so zusammen durch den Raum flogen, fragte er sich, ob er wohl auch eines Tages in einer anderen Farbe leuchten würde. 


Kapitel II

Der kleine Stern auf Reisen


„Weißt du, wohin wir fliegen?“, fragte der kleine Stern. „Sieh hinter dich“, antwortete sein Kamerad, und der kleine Stern schaute in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Jetzt erst bemerkte er, wie weit sie in den Raum geflogen waren. Seine Mutter-Wolke konnte er gar nicht mehr entdecken, so fern waren sie schon. Die Sterne, die er zuvor noch überall um sich herum gesehen hatte, sahen jetzt viel kleiner aus. Doch zusammen waren sie noch viel prächtiger anzuschauen, als der kleine Stern es sich jemals hätte erträumen lassen. Gemeinsam spannten sie eine enorme Spirale aus Licht zusammen, die wie eine Wendeltreppe aus Sternen im Raum lag und auf ein noch viel helleres und mächtigeres Leuchten zuführte. 

Verblüfft wandte sich der kleine Stern zu seinem Bruder: „Hast du so etwas schon einmal gesehen?“. Der lachte nur und sagte: „Aber ja, sogar schon mehrere Male! Das ist unsere Heimatgalaxie, hier werden wir für immer unsere Kreise ziehen“. 


Bildquelle: www.apod.nasa.gov

„Das sind aber große Kreise“, erwiderte der kleine Stern. Da musste sein Bruder erneut lachen: „Ja das ist wahr; und jedes Mal werden neue Sterne dazukommen, so wie du jetzt“.
Nun verstand der kleine Stern, doch trotzdem konnte er seinen Blick nicht von der enormen Spirale aus Licht abwenden.
 „Weißt du was in der Mitte ist?“, fragte er den anderen Stern. „Das weiß niemand. Ich habe Geschichten gehört, doch die meisten klingen zu unglaublich um wahr zu sein. Manche glauben es gibt ein Monster, dass in der Mitte sitzt und jeden Stern verschlingt, der es wagt sich ihm zu nähern, und wieder andere erzählen ein riesengroßer Stern – so groß wie alle anderen Sterne zusammen – würde sich dort befinden und alles, das sich ihm nähert würde verbrennen, so hell strahlt er.“ 

„Und was meinst du?“, fragte der kleine Stern. „Ich denke man sollte keine dummen Geschichten glauben“, erwiderte sein Bruder nur kurz, und damit schien das Thema erst mal erledigt. Der kleine Stern aber konnte nicht aufhören darüber nachzugrübeln, was wohl die Quelle des enorm hellen Leuchtens in der Mitte der Spirale sein mochte.

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To be Continued ...